22 Personen zählt die Gruppe, die sich am 10. November digital zum Thema ‚Inklusion im schulischen Kontext‘ trifft. Das ist eine gute Größe, die ausreichend Möglichkeit bietet, sich auszutauschen. Darum soll es heute Abend gehen.
Welchen Herausforderungen müssen wir uns als Gesellschaft und Individuum stellen, nehmen wir Inklusion im schulischen Kontext als Pflichtaufgabe an? Welche Chancen gehen mit der Umsetzung des Inklusionsgedankens, der gelebten Inklusion einher?
Die heutige Veranstaltung ist eine Kooperation der drei Mitteldeutschen Landesverbände der Schulfördervereine – Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Das Thema ist bundesweit aktuell und so kommen auch die Teilnehmenden aus verschiedenen Bundesländern.
Begrüßung, Vorstellung der Referentin, Präsentationsbeginn, Hinweise zur Technik und Ablauf der Veranstaltung. Man kennt das. „Wie wollen wir also starten?“, fragt Alexandra Cremer vom Netzwerk Inklusion Deutschland. „Vielleicht mit der Frage: Was ist eine Behinderung und wer hat sie?“
Wussten Sie, dass von den 83,1 Mio. Menschen, die in Deutschland leben:
- 10 Mio. Menschen eine Behinderung haben?
- also 12% der Gesamtbevölkerung schwer (etwa 7 1/2 Mio.) bis leichter (knapp 3 Mio.) behindert sind?
- knapp 4% der 10 Mio. behinderter Menschen eine angeborene Behinderung haben?
- also nur 400.000 Personen mit Behinderung auf die Welt kommen?
Doch was ist mit den anderen 96%, die keine angeborene Behinderung haben?
Den nüchternen Zahlen folgen pädagogische Überlegungen, warum Inklusion im schulischen Kontext so schwer ist. Trotz Inkrafttreten der UN-BRK (UN-Behindertenrechtskonvention) in Deutschland im Jahr 2009 tut man sich schwer mit der Inklusion behinderter Kinder in der Schule. Frau Cremer plädiert dafür, dass wir alle an der Umsetzung arbeiten! Das bedeutet, dass wir unsere Komfortzone verlassen müssen. Behinderte Kinder haben ein Recht auf Beschulung mit anderen Kindern, mit Kindern ohne Behinderung, nicht nur auf Beschulung in sog. Förderschulen.
Eine ganze Liste mit Wünschen führt die Referentin an, die Eltern für das Leben ihrer Kinder haben – ganz allgemein und alle Menschen einschließend:
- gute Erziehung
- „vernünftige“ Freund*innen
- gute Schulbildung
- Akzeptanz
- ein guter Job
- finanziell gutes Auskommen
- eine eigene Familie
- ein maximal selbst bestimmtes Leben
Verantwortlich für die Umsetzung sind viele verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Rollen und Funktionen Eltern, Familie, Lehrer*innen und Erzieher*innen, Freund*innen, der Staat, die Gesellschaft und auch das Kind selbst. Auch das behinderte Kind ist mit-verantwortlich für das Gelingen des eigenen Lebens. Natürlich immer in dem Rahmen, der ihm zur Verfügung steht.
Frau Cremer ist selbst Mutter eines schwerbehinderten Mädchens; inzwischen ist ihre Tochter eine Teenagerin. Ihr Vortrag ist lebendig, gespickt mit bunten Geschichten aus dem Leben mit ihrer Tochter. Sie lässt alle an sowohl unangenehmen und bedrückenden als auch amüsanten und erheiternden Situationen im familiären und vor allem schulischen Kontext teilhaben. Seminar-Teilnehmer*innen berichten ihrerseits von Erlebnissen aus Familie und Beruf. Der Austausch ist rege, und so gehen 1 1/2 Stunden Seminarzeit wie im Fluge vorbei.
Das war ein guter Abend. Gut investierte Zeit in einen tollen Vortrag: lebendig, authentisch und qualitativ hochwertig.
Vielen Dank an Alexandra Cremer!
Dorothee Kreling