Es sind minus 10° C, die Sonne scheint. Wir Projektreferentinnen sind sehr auf die Kinder gespannt, die im Bundesprogramm „Menschen stärken Menschen“ unterstützt werden. Vom Leitungsteam der Martinischule werden wir sehr herzlich empfangen. Wir dürfen heute verschiedene Stationen aus dem Schulalltag miterleben.
Als erstes besuchen wir eine DAZ-Gruppe.
Die Kinder begrüßen sich mit einem Lied in 8 Sprachen. 2 Jungs und 4 Mädchen sitzen am Tisch und lernen mit hoher Konzentration den 4. Fall: Akkusativ. Mit allen verfügbaren Mitteln wird den Kindern der Unterrichtsstoff nähergebracht. Wir spüren eine sehr gute Verbindung zwischen der DaZ-Lehrerin, Frau Stein, und den Kindern. Die Jungs sind sehr ungeduldig und versuchen, die nächsten Informationen aus dem Arbeitsbuch der Lehrerin zu erhaschen. Frau Stein schafft es, die Kinder mit Humor, in einer lockeren und dennoch konzentrierte Atmosphäre zu beschulen. Im Laufe der Stunde entdecken die Kinder, dass der Akkusativ gar nicht so schwer ist und sie diese Form in ihrem Alltag bereits – zumindest in Teilen – anwenden können. Die Schulglocke klingelt und wir verabschieden uns von der kleinen DAZ-Runde.
Nun geht es für uns weiter zur Stationsarbeit in die 1. Klasse, eine Etage höher. Hier sitzen die Schüler*innen an Tischen in Keingruppen, manche in Paaren. Darunter auch Pat*innen im Bundesprogramm „Menschen stärken Menschen“. Die Kindern mit und ohne Fluchterfahrung erarbeiten sich miteinander spielerisch, mithilfe von Sudoku, Memory und anderen Lern-Materialien, die deutsche Sprache. Beim genaueren Hinschauen wird deutlich, wie ernst die Kinder diese Art des gemeinsamen Lernens nehmen. Es macht uns großen Spaß, das zu beobachten. Durch das Patenschaftsprogramm des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erfährt die Martinischule, also Lehrer*innen, einheimische und zugewanderte Schüler*innen, einzigartige Unterstützung.
Weiter geht es für uns zum „Leserattenclub“. Hier werden Kinder aus verschiedenen Klassenstufen für eine Schulstunde zusammengezogen und von der Schulleiterin, Frau Gerst, besonders gefördert. „Wer sitzt schon auf seinem Platz und wen kann ich schon loben!“, fragt Frau Gerst jetzt. Zu uns gewandt sagt sie: „Hier und da können Sie sich setzen. Später kommen Kinder zu Ihnen und lesen Ihnen vor. Sie dürfen dann Stempel als Lob verteilen!“ Wir nehmen unsere Plätze ein und beobachten. Anwesend ist eine weitere erwachsene Person. Die ältere Dame ist ehrenamtlich tätig und kommt wöchentlich einmal zur Unterstützung des „Leserattenclubs“ in die Schule. Gestern hatte sie Geburtstag und Frau Gerst hat für jedes Kind eine Blume mitgebracht. „Das können wir gleich aufgreifen“, erklärt sie uns. Für die Kinder macht sie vor, wie man gratulieren kann. Jedes Kind tut dies dann in der Folge auch. Es macht Spaß und der Blumenstrauß wächst. Ein schöner Beginn.
Nun geht es los. Die Kinder laufen alle durcheinander, aber es hat System. Wir begreifen nach und nach, welche Abläufe für die Kinder bereits Gewohnheit sind. Im eigenen Tempo und weitestgehend eigenständig arbeiten die Schüler*innen der Klassen 1 bis 4 auf die sich selbst gesetzten Zielen hin.
Im Laufe der Stunden kommen Kinder zu uns, um ihre Texte – nach der immer zuvor absolvierten „Lesereise“ – fehlerfrei vorzulesen. Wie schön für Kind und Erwachsene, schließlich einen Stempel darunterzusetzen!
Danach wird alles geschrieben. Sao aus Eritrea sitzt in meiner Nähe. Sie erklärt mir die verschiedenen Schritte.
Wie einfühlsam auch hier mit den Kindern gearbeitet wird. Die gute Verbindung zu den Kindern äußerst sich unter anderem auch in solchen Aussagen: „Komm her, mein Schatz, ich helfe dir!“ Auch in der Körpersprache jeder der vier Lehrerinnen, deren Unterricht wir besuchen durften, drücken sich Zugewandtheit und Sympathie fürs Kind aus.
Zum Ende der Lesestunde wird jede/r Schüler/in noch einmal im Besonderen für die heutigen Lernschritte gelobt. Jeder darf sich eine Süßigkeit aus einer Dose aussuchen. Leise und langsam werden die Materialen aufgeräumt.
Nach diesen 3 Hospitationen in gemischten Klassen ist klar:
Hier geht es den Kindern gut, hier fühlen sie sich wohl. Das Bundesprogramm „Menschen stärken Menschen“ tut seinen Teil dazu. Das ist toll!
Wir bedanken uns an dieser Stelle für die Einblicke in die Arbeit bei unseren Kooperationspartnern an der Martinischule und wünschen diesem Standort weiterhin Alles Gute!
Anja Jakubik